Von einem Wachstum im Unternehmen oder in Organisationen spricht man, wenn sich zum Beispiel die Anzahl der Mitarbeiter, Abteilungen und auch Umsatzzahlen aufgrund gestiegenem Auftragsvolumen (stark) erhöhen. So ein Wachstumsprozess kann schnell oder langsam von statten gehen, sowie geplant oder ungeplant. In der Regel expandieren neu gegründete Unternehmen relativ schnell und vor allem ungeplant. Aber auch etablierte Unternehmen haben oft Probleme mit plötzlicher Expansion.

Was auf den ersten Blick als positive Entwicklung angesehen wird, gibt erst auf den zweiten Blick die Schattenseiten frei, die mit dieser Entwicklung einhergehen. Wie sich schnelles und ungeplantes Unternehmenswachstum auf die Infrastruktur auswirkt, welche Nachteile dies mit sich bringt und wie man diesen am besten begegnet, wird in diese Artikel ausführlich behandelt.

Beispielszenario

In Unternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern herrschen oft einfache Hierarchie-Strukturen und kurze Kommunikations- und Entscheidungswege. Oft arbeiten die Gründer noch aktiv am Service oder Produkt mit und erledigen so nebenbei den Verwaltungskram, die Kundenbetreuung und Akquise neuer Aufträge. Probleme werden gerne direkt oder im Zweier- bzw. Dreiergespräch geklärt. Ideen oder Änderungen teilt man jedem einzelnen noch persönlich mit. Die Zusammenarbeit findet auf engem Raum statt, jeder kommt gut mit den anderen aus und neue Mitarbeiter werden noch nach den Kriterien begutachtet und ausgewählt, ob sie von der Einstellung her zur Gruppe passen (oder nicht) und keine hohen Gehaltsforderungen stellen. Hat jemand ein Software- oder Hardwareproblem wird mal kurz über den Tisch nach Hilfe gerufen. Generell wird fast alles auf Zuruf erledigt. Auf Kundenwünsche geht man noch individueller ein und das Gefühl, dass man für die Firma eine wichtige Leistung erbringt und ohne einen nichts geht ist noch relativ stark. Im Prinzip weiß jeder aufgrund der überschaubaren Unternehmensverhältnisse, wie der Hase läuft, was zu tun ist und wen er Fragen kann, falls Fragen auftreten.

Diese einfach gestrickte Unternehmenskultur kann sich jedoch schnell ändern. Etwa von heute auf morgen, aufgrund eines unglaublichen Auftrags, oder wenn einfach aufgrund der steigenden Auftragslage die vorhandenen Ressourcen nicht mehr ausreichen und man aufstocken muss.

Folgen von Organisationswachstum

Steigendes Auftragsvolumen bei gleichbleibenden Ressourcen bedeutet mehr Stress. Alle Personen im Unternehmen sind plötzlich mit zu viel Arbeit eingedeckt. Die bisherigen Abläufe funktionieren nicht mehr, oder stellen sich als weniger effektiv heraus. Die direkte Kommunikation leidet, fehlende Dokumentation und mangelnde Kommunikation resultieren in häufiger auftretende Fehler. Shuldzuweisungen splitten das bisher gut funktionierende Team. Mitarbeiter werden unzufriedener, etwa weil bisherige Prozesse und Methoden nicht effizient genug sind, weil Hilfe auf Zuruf nicht mehr möglich ist, weil neu eingeführte Tools nicht so funktionieren wie gewünscht oder sich niemand die Zeit nimmt diese auf die Arbeitsabläufe abzustimmen.

Es findet sich nicht genug Zeit qualifiziertes Personal zu finden. In der Not greift man auf mehrere unqualifizierte neue Mitarbeiter zurück. Nach dem Motto Die muss man dann eben selbst anlernen. Dabei deckt man oft weitere Schwachstellen der bisherigen Vorgehensweise auf: fehlende oder ineffiziente Tools, fehlende Dokumentation, fehlendes (Personal-) Management, schlechte Infrastruktur etc.

Kurz gesagt: In schnell wachsenden Unternehmen herrschen oft chaotische Arbeitsverhältnisse und die bestehende Unternehmenskultur wird (über)strapaziert. Deswegen ist es wichtig seine Mitarbeiter dazu zu bringen den Prozess des Unternehmenswachstum zu unterstützen und dadurch zu vereinfachen.

Schnelles Wachstum zu Lasten von Qualität

Gesundes Unternehmenswachstum setzt voraus, dass die Qualität des Service oder des Produkts nicht darunter leidet. Nur wenn viele neue Mitarbeiter die Möglichkeit erhalten richtig eingearbeitet zu werden, vermeidet man typische Fehler. Voraussetzung hierfür ist:

  • Arbeitsabläufe zu professionalisieren
  • Prozesse und Methoden effektiver und strukturierter zu gestalten (-> Projektcoaching)
  • versuchen die Einfachheit der vorherigen Unternehmensstruktur weitgehenst zu erhalten

Veränderung in der Infrastruktur

Wie Firmen versuchen die gesteigerte Komplexität aufgrund des schnellen Wachstums zu beheben:

  1. Durch Einsatz standardisierter Programme
  2. Durch Verlagerung des Kommunikationswegs auf andere Möglichkeiten (E-Mail etc.)
  3. Durch Einsatz neuen Personals

Zu 1: Einsatz standardisierter Programme Die Einführung standardisierter Programme ist ein guter Schritt um Struktur und Transparenz in das Unternehmen zu bringen. Wichtig ist jedoch vorher abzuwägen, was das Unternehmen braucht. Das beste Tool ist nämlich nutzlos, wenn es nicht für den eigentlichen Zweck geeignet ist oder falsch konfiguriert wurde oder gar nicht konfiguriert wurde.

Kostenpflichtige Softwareprodukte müssen nicht zwangsläufig besser sein als OpenSource Lösungen. Durch die kostenpflichtige Lizenzpolitik kauft man sich oft einen zeitlich begrenzten Support. Darf aber nicht vergessen, dass bei steigender Mitarbeiterzahl auch sprunghaft steigende Lizenzkosten den Rahmen sprengen können. Deswegen sollte man vorher abwägen, welche Werkzeuge im Unternehmen eingesetzt werden sollen, wie damit umzugehen ist, wie diese zukünftig gepflegt werden und wer sich um die Anwenderschulungen kümmert.

Allein durch die Bereitstellung professioneller Software Tools können die Mitarbeiter noch nicht effektiv damit arbeiten. Die notwendigen Prozesse und Methoden müssen erst definiert, konfiguriert und durch Workshops und Schulungen eingeführt werden.

Zu 2: Verlagerung des Kommunikationswegs Dinge, die man aufgrund der Größe nicht mehr persönlich jedem Mitarbeiter erzählen kann, werden oft anders kommuniziert. Dabei fällt die Wahl häufig auf E-Mail als Kommunikationstool fallen. In Anbetracht der geplanten Wachstumsgröße sollte man jedoch gleich von Anfang an auf ein zentrales Kommunikationsmittel zurück greifen. Zum einen um die E-Mail Flut einzudämmen und dadurch zu verhindern, dass wichtige Informationen verloren gehen oder nicht beachtet werden. Zum anderen um allen Mitarbeitern (auch neuem Personal und externen Partnern) eine zentrale Anlaufstelle für alle Unternehmensinformationen zu liefern.

Für solche Zwecke sind Unternehmenswikis gut geeignet. Sowohl zur Eindämmung des E-Mail Verkehrs als auch zu Dokumentationszwecken aller firmenspezifischen Prozesse, sowie als Datei- und Dokumentenablage.

Zu 3: Durch Einsatz neuen Personals Neue Mitarbeiter sollte man auch in Zeiten personeller Not gut auswählen. Ein fachlich qualifizierter Anwärter kann drei weniger qualifizierte (eventuell günstigere) Bewerber an Erfahrung, Qualität und Effizienz locker ersetzen. Man sollte auch darauf achten welche Aufgaben dem Mitarbeiter zugeteilt werden und wie man unnötigen Mitarbeiter-Overhead von Anfang an vermeidet. Wichtig ist auch, dass man die Stärke besitzt bestehende Mitarbeiter, die sich mit der neuen Firmenphilosophie “Wachstum” und den damit verbundenen Änderungen nicht identifizieren wollen / können, gehen zu lassen. Sie werden dem Unternehmen und den neu entstehenden Strukturen längerfristig mehr Schaden bringen als Nutzen.

Nur durch die Anschaffung der oben genannten Nebenwirkungen des Wachstums hat man noch keine funktionierende Struktur innerhalb des Unternehmens geschaffen. Was man beim Unternehmenswachstum vor allem berücksichtigen sollte ist die Einführung effizienter Prozesse, Methoden und Strukturen innerhalb des Unternehmens, die allen Mitarbeitern auf Dauer ein erfolgreiches und einfaches Arbeiten ermöglichen und dadurch den Kunden qualitativ hochwertige Ergebnisse liefern.

Effiziente Etablierung von Prozessen, Methoden und Struktur

Die Prozesse und Methoden sollten so einfach wie möglich und flexibel wie nötig sein. Wichtig ist Transparenz in allen Bereichen, dass man stets das Ziel vor Augen hat und die neu definierten Strukturen, Methoden und Prozesse den Mitarbeitern von oben vorlebt. Also nicht nur delegiert, wie etwas zu tun ist, sondern mit gutem Beispiel voran geht.

Hinsichtlich der zu schaffenden Struktur ist es notwendig die Mitarbeiter entsprechend zu motivieren mehr Wert auf ein ergebnisorientiertes, eigenverantwortliches Arbeiten und den Erfolg des gesamten Teams (nicht mehr nur des Individuums) zu legen. Wer sich nicht schon zu Beginn Gedanken darüber macht, wird häufig auf Probleme stoßen bei:

  • etablierten Unternehmen, weil die alten Strukturen gebrochen werden müssen. Dabei tun sich langjährige Mitarbeiter schwer. Sie zeigen wenig Flexibilität und Aufgeschlossenheit gegenüber neuen Prozessen und Methoden.
  • bei schnell wachsenden Unternehmen, weil diese nicht rechtzeitig erkennen, dass aufgrund der gestiegenen Komplexität und Mitarbeiterzahl die bisherige Unternehmensstruktur nicht mehr funktionieren wird und aus dem Grund auf keinen Fall so beibehalten werden kann wie gewohnt, wenn man die Qualität seiner Leistung halten oder sogar steigern will.

Tipps für Unternehmen mit Wachstumspotenzial (-wunsch)

  • Sich frühzeitig nach qualifizierten potenziellen Mitarbeitern Ausschau halten (in sozialen Netzwerken, bei Konkurrenten, bei Veranstaltungen und Messen etc.).
  • Sich frühzeitig Gedanken über transparente Strukturen, effiziente Prozesse und zielführende Methoden machen, die sowohl einfach umzusetzen als auch flexibel einsetzbar sind.
  • Sich frühzeitig Gedanken über seine Ziele machen, diese mit dem Team kommunizieren und deren Umsetzung mit Hilfe geeigneter Tools dokumentieren und überwachen.
  • Sich frühzeitig über geeignete Tools Gedanken machen und evaluieren was das Unternehmen wirklich braucht, wer dafür zuständig ist, sich um die Einführung kümmert, die Verwaltung übernimmt und Mitarbeiter schult.

Fazit

Unternehmenswachstum ist durchaus etwas Positives. Es sollte kontrolliert und langsam erfolgen und nicht zu Lasten von Qualität oder Leistung gehen. Methoden, Prozesse und Strukturen sollten frühzeitig professionalisiert werden (unabhängig von der Unternehmensgröße). Dadurch wird Transparenz, Flexibilität und Einfachheit beim Wachstum sicher gestellt und Fehlerprozesse aufgrund der dringenden Notwendigkeit reduziert oder gar vermieden. Der Einsatz entsprechender Tools und Qualitätsstandards sollte von Anfang an gegeben sein. Proprietäre Software hat viele Vorteile, ist aber nicht zwangsläufig besser als OpenSource Lösungen. Entscheidend ist der Zweck des Einsatzes, das vorhandene Budget, der Bedarf an professionellen Supportleistungen, der Schulungsaufwand, die Pflege und Wartung, die unternehmens-spezifische Konfiguration und der aktive Einsatz. Der Geschäftsführung sollte klar sein, dass ein wachsendes Unternehmen auch einen wachsenden Verwaltungs- und Kommunikationsaufwand mit sich bringt. Aufgrund der gestiegenen Komplexität ist sowohl eine zentrale Kommunikation, sowie lückenlose Dokumentation aller Workflows und Aufgaben maßgeblich für ein mitarbeiterfreundliches und erfolgreiche agierendes Unternehmen.

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